Mittwoch, 6. August 2014

Was früher mein Zuhause war.

Der Zug bremst quietschend ab, bis er im Bahnhof zum Stehen kommt. Die Türen öffnen sich und ich atme die regnerische Luft ein. Kurz muss ich mich orientieren, folge dann den wenigen Leuten, die mit mir ausgestiegen sind und verlasse den Bahnsteig. Ich biege an der Straße links ab, durch den Tunnel und dann den Fußweg entlang. Ich versinke in meinen Gedanken, aber meine Füße kennen den Weg und tragen mich über Kreuzungen, Zebrastreifen und Bürgersteige bis zu der Straßenecke, an der ich abbiegen muss. Ich verlangsame mein Tempo und tauche aus meiner Gedankenwelt auf. Die letzten Schritte lege ich langsamer zurück und ich blicke mich dabei um. Ich schaue nach links und nach rechts, betrachte die Bäume und die Straßenlaternen, die Hecken und die Gartentore der Nachbarn.
Und dann sehe ich das Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Es ist mit Efeu überwachsen, so wie auch früher schon. Ein Auto steht vor der Tür, wie auch damals oft. Der Briefkasten hängt links von der Tür, der gepflasterte Weg ist gefegt und leer. Ich kenne es hier und trotzdem fühle ich mich fremd. Obwohl ich noch einen Schlüssel in der Tasche habe, klingele ich. Ich käme mir wie ein Einbrecher vor, würde ich ungefragt das Haus betreten.
Als die Tür geöffnet wird, trete ich ein. Ich sehe mich um. Irgendwie sieht alles so aus, wie ich es kenne. Die Wände sind in derselben Farbe gestrichen. Der Tisch und die Stühle sind noch die alten. Und trotzdem wirkt alles so fremd. Hier hängt ein neues Bild. Der Toaster ist neu und auch der Wasserkocher. Es liegen Dinge herum, die ich noch nie gesehen habe. Ich weiß nicht, wie ich mich fühlen soll, während mein Blick durch das Zimmer schweift. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Frage ich nach etwas zu trinken oder hole ich es mir selber. Gehe ich aufs Gästeklo oder benutze ich die Toilette im oberen Stockwerk.
Als ich mein Handy aus der Hosentasche ziehe, um mich abzulenken und festzuhalten, wundere ich mich. Ich habe WLAN. Das Smartphone hat sich automatisch mit dem privaten Netzwerk verbunden, denn die Daten waren wohl noch eingespeichert. Ein Home-Netzwerk. Vielleicht ist das das einzige, was noch geblieben ist. Was früher mein Zuhause war, ist heute nur noch WLAN-Netz.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen