Dienstag, 26. Februar 2013

Und immer wieder.

Und immer wieder. Denke ich in einzelnen Worten. Und nicht zusammenhängenden Sätzen. Kann nicht formulieren, was ich sagen will. Weiß nicht, was in mir ist.
Und immer wieder. Klingt jedes Wort falsch. Und jeder Satz unpassend. Nichts ist richtig, auch wenn es keine Fehler gibt. Die Auswahl ist so groß. An Vokabeln, an Satzbausteinen, an Ideen. Und doch geht nicht zusammen, was zusammengehört.
Und immer wieder. Schweben mir Halbsätze im Kopf. Die keinen Sinn ergeben. Die ich nicht zuordnen kann. Die einfach da sind. Ich kann ihre Bedeutung nicht sehen, obwohl sie vielleicht wichtig ist. Bin auf der Suche danach, obwohl es keinen Ort gibt, an dem ich sie finden könnte.
Und immer wieder. Wimmelt es in meinem Kopf von Buchstaben. Sie mischen sich durch, formen immer neue Wörter. Viel zu schnell, sodass ich kaum eins festhalten kann. Weder auf Papier noch in meinem Gedächtnis.
Und immer wieder. Reihe ich die Sätze aneinander. Und finde mich darin wieder. Weil ich es bin.
Und immer wieder. Unterbewusst.

Und immer wieder merke ich, wie viel ich aus nur drei Worten ziehen kann. Wie viel in dem steckt, was mein Geist entwickelt.

Montag, 25. Februar 2013

Auf der Suche nach dem Ziel.

Ich höre Musik und versuche, in mir zu versinken. Versuche, mich wegzudenken, alles andere abzuschalten. All die Menschen. Neben mir, gegenüber und hinter mir. Unterwegs - sind sie alle. Reisende. Auf dem Weg.
Ob sie sich wohl freuen auf das, was sie erwartet? Ob sie endlich nach Hause dürfen? Oder dem hinterhertrauern, was sie mit jeder Sekunde weiter hinter sich lassen. Ob sie zurück müssen in alte, enge Orte? Oder Angst haben vor neuem, unbekannten Gebiet.
Ob für sie fremd ist, was ich Heimat nenne? Ob ihre Reise beginnt, wenn meine dabei ist, zu enden? Ob sie Freudentränen weinen, wenn meine vor Sehnsucht rollen? Ob sie erwartet werden; am Gleis jemand steht, der die Arme um sie legt? Der jetzt in der Kälte friert und aufgeregt den Zug ersehnt.
Die Schaffnerin kündigt den nächsten Halt an, der mit wenigen Minuten Verspätung erreicht wird. Menschen stehen auf, greifen nach ihren Taschen, verstauen Bücher und Getränke in Koffern, zwängen sich in dicke Wintermäntel. Ein weiterer Bahnhof, ein weiterer Ort, der Heimat ist, und weitere Menschen, die angekommen sind. Ich blicke nach draußen in geschäftigen Trubel, freudigen Jubel, Abschiedsküsse und Willkommensgrüße, schnelle Schritte, suchende Blicke.
Und dann reisen wir weiter, verlassen das Gleis und verlassen die Stadt. Die Lichter des Bahnhofs verblassen, die monotone Dunkelheit gewinnt wieder die Überhand. Alle, was ich erkenne, ist die Spiegelung des Abteils, in dem ich sitze. Die Mitreisenden, die mir fremd sind, obwohl sie vielleicht dasselbe fühlen wie ich, die Koffer und Taschen, die mit Leben der anderen gefüllt sind, Bücher, Handys und Laptops als einzige Begleiter. Und mein trauriger Blick, wie er in der Scheibe erscheint, während ich in mir versinke und mir vorstelle, rückwärts zu fahren. Zu dir zurück.
Und zwischen Linkin Park und Liebeslied verfluche ich die Kilometer. Und bin doch froh, ein Ziel zu haben.

Freitag, 15. Februar 2013

Ende des Weges.

Ich möchte eine Liste haben. Eine Liste mit all den Personen, die mich im Leben ein Stück begleitet haben. Die mir etwas gegeben haben, die mir etwas gezeigt haben, die mir Mut gemacht haben. Diejenigen, an die ich mich heute noch erinnere. Obwohl sie vielleicht schon lange nicht mehr da sind.

Was habe ich von ihnen? Wie oft denke ich an sie? Und vor allem, warum besteht unsere Freundschaft, unsere Bekanntschaft, unser gemeinsamer Wegabschnitt nicht mehr? 

Mir fallen so viele Leute ein.
Verwandte, die gestorben sind.
Freunde aus der Grundschule, dich ich früher täglich gesehen habe. Und von denen ich heute nicht mal mehr weiß, ob sie noch leben.
Internet-Bekanntschaften, die plötzlich nicht mehr on kamen und auf keine Nachrichten mehr antworteten.
Ehemalige Freunde, denen ich immer mal wieder begegne. Bei denen ich mir aber nicht mehr sicher bin, ob sie mich noch erkennen.

Einigen trauere ich hinterher. Frage mich, was aus ihnen wohl geworden ist. Wüsste es gerne. 
Bei anderen akzeptiere ich das Ende des gemeinsamen Weges widerstandslos. 
Von manchen habe ich mich verabschiedet, andere verschwanden plötzlich. An einige denke ich täglich, andere tauchen nur selten in Erinnerungen auf. 

Und ich frage mich, welche meiner jetzigen Freunde sich wohl während all dieser Gedanken langsam von mir entfernen. Wer wohl morgen nicht mehr da sein wird? Welches Gespräch, das ich führe, wohl ein letztes sein wird.

Und dann kehren meine Gedanken zu den Vergangenen zurück. Zu all denjenigen, an die ich mich heute nicht mehr erinnere. Die sich schon so weit entfernt haben, dass sie gelöscht sind - unwiderruflich.
Bei wem ich mich wohl noch in Erinnerung befinde?

Montag, 11. Februar 2013

Neben der Vergangenheit.

Was geschehen ist, ist geschehen.
Was getan wurde, ist getan.
Was gelebt wurde, ist gelebt.

Und damit schließe ich ab. Ich beende es in mir. Beende die Gedanken darüber. Beende die Gespräche darüber. Beende alle Inhalte.
Und ich schaue nach vorn. Denke an nichts, woran ich nicht denken will. Blende alle Einwände aus. Und freue mich.
Ich laufe in die Zukunft - im Sprint und Dauerlauf. Ich renne mit dem Blick in weite Fernen.
Bis ich plötzlich etwas fühle hinter mir. Einen Stich, etwas Großes. Und in mir wird es kalt. Meine Haare stellen sich auf, ich beginne zu zittern. Meine Schritte werden langsamer. Der Puls beschleunigt sich.
Langsam, ganz langsam drehe ich meinen Kopf. Blicke hinter mich. Blicke in das Monster der Vergangenheit, was mich eingeholt hat - locker. Ich bin völlig außer Atem, am Ende meiner Kräfte. Das Monster hebt seine Hand zum Gruß.
Ich erkenne vieles wieder, was unter den dunklen Schleiern haust. Personen, die mich immer wieder auf das hinweisen, was ich abgehakt habe. Ehemalige Freunde, die sich in die Gegenwart drängen. Briefe, Fotos, Eintrittskarten, die in Ritzen und dunklen Ecken auftauchen. Und ich. Wie ich war und wie ich bin; wie ich mich entwickelt habe und was alles noch in mir steckt. Und sich nicht einfach streichen lässt.

So erwidere ich den Gruß des Monsters, verringere meine Geschwindigkeit und lasse es neben mir laufen. Ich blicke es an und sehe mich. Lächle mich an und nicke meiner Vergangenheit zu, die mich auf meinem Weg in die Zukunft begleitet.

Was geschehen ist, hilft mir, mich zu entscheiden.
Was getan wurde, gibt mir Erfahrung und Mut.
Was gelebt wurde, bin ich.

Donnerstag, 7. Februar 2013

Die Uhr.

Ich sitze im Wartezimmer und schaue auf die Uhr. Betrachte, wie die Zeit vergeht. Wie die Zeiger unentwegt weiter ticken.
Und denke daran, wie ich hier sitze. Mich nicht vom Fleck rühre. Und so viel anderes tun könnte.
Wie ich nur warte. Auf die Ärztin, die es nie schafft, ihre Termine einzuhalten. Auf ihre Gutachten. Ihre Meinung über mich. Ihre Entscheidung für mich. Auf mein Leben.
Und immer noch sitze ich hier. Die Uhr fest im Blick. Die Unsinnigkeit fest im Blick. Unsinnig, wie die Zeit immer weiter geht. Egal ob ich laufe oder stehenbleibe. Ob ich mich freue oder einsam bin. Ob ich lebe oder sterbe. Unsinnig, wie ich hier sitze. Anstatt zu leben.
Egal ob meine Ärztin noch kommt oder nicht. Was sie mir sagen wird. Und was nicht. Ich warte immer noch. Und ich habe noch Zeit. Zeit zu gehen und ihr nicht zuzuhören. Zeit mich aus dem Staub zu machen und spurlos zu verschwinden. Zeit zu leben.
Aber ich nutze sie nicht. Ich bleibe sitzen. Schaue weiter auf die Uhr. Warte weiter auf Wunder. Lebe weiter. Wartend.

"So, kommen Sie bitte!"
Beim Aufstehen werfe ich einen letzten Blick auf das Ziffernblatt. Und merke, dass die Uhr schon die ganze Zeit stehengeblieben war.