Manchmal würde man am liebsten töten.
Mitmenschen, die nerven, die damit nicht aufhören, die deine Geduld auf eine harte Probe stellen.
Aber manchmal will man auch anderes töten.
Manchmal würde man am liebsten einen Tag töten. Beseitigen. Aus dem Kalender streichen. Aus dem Gedächtnis aller Menschen löschen.
Wenn man Angst vor dem Tag hat, weil Neues, Aufregendes, Beängstigendes ansteht.
Oder weil man den Tag vermasselt hat.
Weil alles falschgelaufen ist, was falschlaufen kann.
Man jeden Fehler begangen hat, der sich einem anbot.
Weil man die falschen Entscheidungen getroffen hat. An der falschen Stelle. Zur falschen Zeit.
Der Tag beginnt im Bett mit der ersten Frage: "Aufstehen oder liegenbleiben?"
An solchen Tagen, die du im Nachhinein töten möchtest, hast du dich wohl für die erste Möglichkeit entschieden. Du hast dich aufgerafft, in den Alltagstrott eingereiht, wie ein Roboter funktioniert, auch wenn der Körper vielleicht dagegen rebellierte.
Andere würden sagen, du seist mit dem falschen Fuß aufgestanden.
Vielleicht haben sie recht.
Der falsche Fuß war in dem Fall überhaupt ein Fuß. Der Fehler, den Boden an diesem Tag überhaupt zu berühren.
Wenn man abends - oder auch nachmittags, sofern man den Tag schon vor dem Einbruch der Dunkelheit für sich als beendet erklärt hat - zurück ins Bett kriecht, lassen sich die Worte, die Taten, die Entscheidungen und die Fehler der letzten Stunden nicht mehr ändern.
Das Einschlafen wird von Grübeleien verhindert.
"Was wäre wenn ... ?"
"Warum bin ich heute morgen nicht einfach liegengeblieben?"
Niemand weiß, was gewesen wäre. Es gibt nur die eine Realität.
Wärst du nicht aufgestanden, was hättest du nicht alles verpasst - Erfahrungen, ein nettes Wort; Dinge, an die du vor lauter Fehlern jetzt gar nicht mehr denkst!
Du lägest abends mit denselben Fragen wach im Bett.
"Was wäre wenn ... ?"
"Warum bin ich heute morgen nicht einfach aufgestanden?"
Du kennst keine zweite Realität.
Du kannst dich nicht umentscheiden.
An die Zukunft zu denken, würde mehr bringen.
Also bleibt nur die Wut, der Hass;
Der verzweifelte Wunsch, den Tag zu töten.
"I took the wrong road
That led to the wrong tendencies
I was in the wrong place at the wrong time
For the wrong reason and the wrong rhyme
On the wrong day of the wrong week
I used the wrong method with the wrong technique"
[Depeche Mode]