In einem unvollendeten Satz geht so viel unter.
So viel Unausgesprochenes, was selbstverständlich scheint. So viel abgebrochener Gedankengang, der nun im Wortlosen zerfällt.
So viel. Was doch eigentlich noch gesagt werden könnte.
"Ich hab zwar keine Lust, aber - "
Aber ich muss. Das ist das, was alle denken sollen. Wie man den Satz kurz und vielleicht sinnvoll beenden kann.
Aber hinter das Aber könnte noch so viel mehr passen. Eine Erklärung. Gefühle. Ein ganzes Leben.
"Ich hab zwar keine Lust, aber jeder erwartet es von mir; und ich will Erwartungen nicht enttäuschen, dann fühle ich mich schlecht; ich habe Angst, zu versagen, und ich habe Angst, zusammenzubrechen; egal, was ich mache, ich komme so schnell an mein Ende: Entweder enttäusche ich die stummen Erwartungen der anderen oder ich übersteige meine eigenen Grenzen. Die ich nicht einsehe."
So unendlich viel Ehrlichkeit. So unendlich viel Leben.
Was alles unausgesprochen bleibt - es ist unglaublich!
Es bevölkert die Welt, schwirrt um alle Menschen herum.
Das Gute ist, dass wir die Augen davor verschließen. Wir wollen es nicht sehen. Wir können es nicht sehen. Es würde uns überwältigen. Es wäre zu viel für die zerbrechlichen Menschen, die wir alle sind.
Einige sind aber zerbrechlicher als andere. Sie spüren Spannungen, sie spüren die unausgesprochenen Worte, wenn sie ganz leise versuchen darauf aufmerksam zu machen, dass sie noch da sind; dass man sie nicht vergessen sollte.
Und diese Personen können die Augen nicht verschließen. In jedem Satz hören sie auch das, was nicht gesagt wird; was aber trotzdem mit jedem Wort aus dem Mund des Gesprächspartners dringt.
In unvollendeten Sätzen umso mehr.
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