Mittwoch, 26. Februar 2014

Die Nacht ist wach.

Das Haus liegt dunkel um mich herum, es ist still. Vereinzelt knackt es hier und da, wenn der Wind von außen gegen die Wände drückt oder die Mauern ihr Eigenleben zur Schau stellen.
Es knarzt auch, wenn ich einen Fuß vor den anderen setze. Die hölzernen Stufen ächzen unter dem Gewicht meiner Füße. Unendlich laut, so kommt es mir vor, wenn sonst alles dunkel und still ist. Langsam taste ich mich Stufe für Stufe weiter. Den Atem anhaltend, wenn die Geräusche gegen meine Ohren drücken. Aber im oberen Stockwerk bleibt alles ruhig, keine Tür wird geöffnet, keine Lichter werden entflammt.
So stehe ich in Finsternis vor der Haustür und ziehe den Schlüssel sanft aus meiner Hosentasche, behutsam darauf bedacht, die einzelnen Metallstücke nicht gegeneinanderscheppern zu lassen. Millimeter für Millimeter schiebe ich meine Hand zur Tasche und von der Tasche zum Schloss. Ich schiebe den Schlüssel in den Zylinder, langsam, ohne zu zittern.
Metall ratscht an Metall, während ich drehe und drehe. Mein Kopf ist nach oben gerichtet und hält nach der kleinsten Bewegung Ausschau. Es ist keine zu erkennen. Auch dann nicht, als die schwere Haustür mit einem schnappenden Klicken aufspringt und die kalte Luft ins Haus weht. Ich schließe die Augen und genieße den Windhauch.
Dann bücke ich mich zum Boden und greife nach meinen bereitgestellten Schuhen, ich nehme sie in die Hand und trete auf Socken nach draußen. Der steinerne Boden dringt kalt und hart durch den Stoff auf meine Sohlen. Ich spüre es, draußen zu sein, während ich mit einer Hand noch den Türgriff umklammere. Der schwerste, der lauteste Teil folgt noch. Ich muss die Tür in seine Angeln zurückziehen. Sie wird zuknallen, egal wie liebevoll ich mit ihr umgehe. Der Rahmen wird erzittern, das Schloss geräuschvoll zuschnappen.
Ich verharre einige Sekunden regungslos vor dem Haus. Als sich kein Vorhang bewegt, kein Fenster erhellt und kein Geräusch zu mir dringt, setze ich mich auf die Stufen und ziehe meine Schuhe an.
Dann nehme ich die Beine in die Hand und laufe der Nacht entgegen. Ich atme die kühle Luft, spüre den harten Boden bei jedem Schritt und sehe nur dunkle und verlassene Häuser neben mir. Die Straßen sind leer, alle Rollos runtergelassen.
Die Stadt ist tot.
Die Nacht ist wach.

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