Donnerstag, 2. August 2012

Das Gesicht des Todes.

Wie sieht es aus, wenn Menschen sterben?
Ich meine nicht den letzten Atemzug, das letzte Keuchen, bevor sich der Brustkorb nie wieder hebt und senkt und kein Blut mehr durch die Adern fließt. Was ich meine, ist ein innerlicher Tod. Wenn der Körper nur noch eine Hülle ist, die nichts als Leere beherbergt. Wenn alle Gefühle dem endlosen Nichts weichen, die Farben schwinden und Bewegungen nur noch stumpfe Mechanik sind.
Tot. Und doch mit Pulsschlag.

Viele lassen sich leicht täuschen. Sie gehen davon aus, dass Menschen, die sich bewegen, auch leben. Wer mit ihnen spricht, ist nicht tot.
Und doch kann es sein, dass in genau diesem Moment leben mit purer Existenz verwechselt wird.
Nur wer achtsam ist, seine Blicke länger auf einer Person lässt und sich auch von Andersartigem nicht abschrecken lässt, kann solch einen Tod beobachten.
Diese Person kann die Kälte fühlen, die sich in einem anderen ausbreitet und ihn zu Boden wirft. Innerlich.

Die Augen werden leerer, der Blick ist quasi nach innen gelenkt. Dahin, wo der Kampf tobt. Wo sich der Tod unaufhaltsam ausbreitet.
Bewegungen werden langsamer.
Berührungen und Kontakt vermieden. Denn andere Menschen kosten so viel Kraft. Reden kostet Kraft. Lachen ist zu einer unmöglichen Aufgabe geworden.
Die Gesichtszüge werden ausdruckslos.
Der Körper kann andere wärmen, aber bei einem Blick in die Augen des Sterbenden beginnt man, zu frieren.

Und selbst wenn man den voranschreitenden Tod erkennt? Wie kann man helfen? Wie kann man eine Person retten, von der man weiß, sie liegt im Sterben? Doch das Sterben ist nicht sichtbar.
Niemand glaubt einem. Vielleicht nicht einmal derjenige selbst.

Der Tod nimmt die Person neben mir. Er lacht mich aus. Er weiß, ich sehe ihn. Und er weiß, ich kann ihn trotzdem nicht aufhalten.
Versagen. Unterlassene Hilfeleistung. Darauf steht Strafe nach dem Gesetz.
Aber man kann nicht bestrafen, was keiner sehen will.

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